Restaurierte Werke der Sammlung O. erfreuen
und verblüffen
von Sarah Bauer
Jesus
Christus! Was ist denn da passiert? Ein Loch im Arm, ein übermalter Bart und
jede Menge Industriestaub. Die Zeit hat in verschiedensten Formen an der
städtischen Sammlung O. genagt. „Das tat mir in der Seele weh“, gibt Christine
Vogt, Direktorin der LUDWIGGALERIE, unumwunden zu. Jetzt erstrahlen 30 Werke in
neuem Glanz und sind noch bis 17. Januar 2016 in der Ausstellung Die Sammlung O. – Der Kunstbesitz der Stadt Oberhausen – RESTAURIERTE WERKE und Neuerwerbungen in der LUDWIGGALERIE zu sehen. Darunter Bilder von Joan Miró,
Otto Dix oder Auguste Renoir. Doch ganz so einfach war das mit dem Restaurieren
nicht.
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Miró frisch gebadet © LUDWIGGALERIE |
Verbräunt und
fleckig war das Papier von Joan Mirós „Le Hibou Blasphémateur“. Auf dem großen
Flachbildfernseher kann man es noch genau sehen. Daneben das schneeweiße und
strahlend bunte Original in der modernen Rahmung. Zwei Besucherinnen treten
ganz nah heran. Das kann doch nicht dasselbe Bild sein, oder? Verwunderung und
Bewunderung wechseln in ihren Blicken.
Um den Miró
zu restaurieren, musste er erst einmal baden gehen. In einem großen Becken mit
chemischen Substanzen, die nur die Vergilbung entfernt haben, nicht aber die
Farbe. „Das ist ganz faszinierend!“, flüstert eine der Besucherinnen ungläubig.
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Bei der Eröffnung der Sammlung O. © LUDWIGGALERIE |
Direkt neben
dem Eingang zur Ausstellung finden sich vier Bilder mit mannsgroßen
Schautafeln. Sie erklären, wie das Loch im Arm der Tochter Schüll verschwand,
wie die Risse im Ecce Homo unsichtbar wurden, was das Klima damit zutun hat
oder der Industriedreck früherer Jahre, der oft an den Oberflächen der Bilder
hängen geblieben ist. Der Vorher-Zustand, die einzelnen Arbeitsschritte – alles
ist für die Besucher offen einsehbar und gut nachvollziehbar dokumentiert.
Restaurierungen im stillen Kämmerlein? Nicht in der LUDWIGGALERIE.
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Genau erklärt: Die Töchter der Familie Schüll während der Restaurierung © LUDWIGGALERIE |
Ganz besonderes Interesse weckte im Zuge
der Instandsetzung das Bild eines Mannes mit Hut. „Während wir das Werk
betrachteten, fiel uns auf: Mensch, da ist doch ein Heiligenschein hinter der
Kopfbedeckung!“, erinnert sich Christine Vogt. „Allerdings ist er wohl im Laufe
der Zeit übermalt worden.“ Schnell ist klar, dass es sich um ein Tronje handelt
– ein für die vor allem niederländische Malerei typisches anonymes Porträt.
Jetzt wollten es alle genau wissen: Wurde noch mehr übermalt? Was steckt hinter
der Farbschicht?
Also
kam der Mann mit Hut, der wohl ehemals ein Christus gewesen ist, ins
Radiologische Institut Oberhausen. Zum Röntgen. „Über diese Aktion habe ich
mich besonders gefreut, denn Museen haben ja auch die Aufgabe, zu forschen“, berichtet
Christine Vogt mit leuchtenden Augen. Entdeckt wurden dann Veränderungen an
Bart und Haupthaar wie die Verlängerung einer Locke und ein hochgezwirbelter
Schnurrbart.
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Untersuchung des Tronjes © LUDWIGGALERIE |
Doch
all die aufwendigen Bäder, Festigungen, Kittungen und Retuschen haben natürlich
auch ihren Preis. Hier kommen 27 Paten aus der Bevölkerung ins Spiel, die sich
der Bilder annahmen und großzügig spendeten, um die Instandsetzung zu
finanzieren. Rund 19.000 Euro kamen zusammen durch Institutionen, Vereine aber
auch Privatspenden. Für das Gemälde „Die Töchter der Familie Schüll“ aus dem
18. Jahrhundert fanden sich sogar heutige Verwandte der damals dargestellten
Frauen als Paten.
Die
Restaurierungen nahm dann die Gruppe Köln vor. Dort haben die Diplom-Restauratorinnen und Restauratoren Carmen Seuffert, Susanne Erhards sowie Dirk
Ferlmann viele Monate an der Wiederherstellung der Werke getüftelt.
Was genau bei so einer
Restaurierung passiert und wo man überhaupt anfängt, wenn man ein beschädigtes
Werk bekommt, verraten wir bald mit der Gruppe Köln hier an dieser Stelle auf
unserem Museumsblog.
Die Ausstellung Die Sammlung O.
– Der Kunstbesitz der Stadt Oberhausen – RESTAURIERTE WERKE und
Neuerwerbungen ist noch bis zum 17. Januar 2016 in der Panoramagalerie der
LUDWIGGALERIE zu sehen. Der Eintritt ist frei! Geöffnet ist die Schau dienstags
bis samstags von 11 bis 18 Uhr.
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