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Guillermo Mordillo in der LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen,
2017 © LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen
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Sein Name ist längst zur Marke geworden. Weltweit kennt man
seine knollennasigen Figuren, die so viel zu erzählen wissen, erstaunlicherweise
ohne dabei ein Wort zu verlieren. Als Guillermo Mordillo am 23. September 2017
zu Besuch in der LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen ist, um die Ausstellung "The
Very Optimistic Pessimist" zu eröffnen, erklärt er am Rednerpult, dass er kein
Mann vieler Worte sei. Alles, was er der Welt zu sagen habe, hänge an den
Wänden dieses Museums. Dass es offensichtlich doch so Vieles ist, was er zu
sagen hat – immerhin sind hier zurzeit über 150 seiner originalen Zeichnungen ausgestellt
– scheint selbst ihn zu überwältigen.
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Guillermo Mordillo in der LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen,
2017 © LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen
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Geboren am 4. August 1932, als Sohn spanischer Immigranten,
verbringt Mordillo seine Kindheit im argentinischen Buenos Aires. Schon als Kind
beeindrucken ihn Disney-Filme, wie "Schneewittchen und die sieben Zwerge",
"Pinocchio" und "Bambi", woraufhin er den großen Traum entwickelt, Trickfilmzeichner
zu werden. Mit 13 Jahren zeichnet er seinen ersten Cartoon: "Pascacio, der
Landstreicher". Pascacio ist eine vermenschlichte Tierfigur, um genauer zu
sein, ein schwarzer Kater mit herzchenförmig umrandeten, weißen Gesicht – eine stilistische
Ähnlichkeit zu Walt Disneys "Mickey Mouse" ist unverkennbar. Ohne es zu wissen,
prophezeit er mit dieser kleinen Geschichte gewisse Züge seines eignen Lebens,
denn Kater Pascacio zieht, wie auch später Mordillo selbst, in der Welt umher und
hangelt sich von Job zu Job.
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„Pascacio, der Landstreicher“ in der MORDILLO-Ausstellung,
2017 © LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen
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1948 absolviert der 16-jährige Mordillo einen Abschluss an
der Escuela Superior de Periodismo (Schule für Journalismus). Doch das
Kommunikationsmedium der geschriebenen Sprache genügt ihm nicht, sodass er zwei
Jahre später bei den Filmstudios Burone Brouché als Trickfilmzeichner zu
arbeiten beginnt. Nebenher illustriert er Kindergeschichten für den Verlag
Editorial Códex. Unter anderem "Die drei kleinen Schweinchen" (1950). Der Einfluss der Walt Disney Studios ist deutlich
wahrnehmbar: Mordillo zeichnet die drei Schweinchen und den Wolf mit
menschlichen Attributen. Vor allem der Wolf mit Latzhose und Hut scheint
angelehnt an die 1933 veröffentlichte Disney-Version "Silly Symphonies: The
Three Little Pigs". Doch schon hier machen sich stilistische Eigenarten Mordillos
bemerkbar, die später das Aussehen seiner knollennasigen Figuren bestimmen sollen:
Im Vergleich zu der Disney-Fassung wirken seine Schweinchen liebevoller und –
ganz wichtig: sie sind kugeliger gezeichnet!
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„Die drei kleinen Schweinchen“ in der MORDILLO-Ausstellung, 2017 © LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen
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Zwischenzeitlich illustriert er für lokale Magazine, bis er 1955
Argentinien verlässt und nach Lima, in die Hauptstadt Perus zieht, wo er dann als
freiberuflicher Grafikdesigner für die Werbeagentur McCann Erickson arbeitet.
In dieser Zeit entstehen seine Illustrationen der Erzählungen "Die Fabeln von
Äsop" und "Die Fabeln von Samaniego" (1955). 1959 beginnt er humoristische
Grußkarten für Hallmark Cards zu entwerfen.
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„Die Fabeln von Äsop“ und „Die Fabeln von Samaniego“ in der
MORDILLO-Ausstellung, 2017 © LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen
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1960 erfolgt der Umzug nach New York. Es gelingt ihm bei Paramount
Pictures eine Anstellung als „Inbetweener“ zu erhalten. Ein „Inbetweener“ ist weniger
für die Kreierung der Charaktere zuständig, als vielmehr für die Visualisierung
detaillierter Handlungsabläufe von bereits vorgegebenen Stories und Figuren. In
diesem Rahmen ist er an Projekten, wie "Popeye the Sailor" und "Little Lulu"
beteiligt. Doch sein großes Talent für das Entwerfen von Figuren bleibt nicht
unbemerkt, sodass er schließlich den Auftrag erhält, einen Charakter für den
Kurzfilm "Trick for Tree" zu kreieren. Er entwirft einen kleinen Vogel, der
einen Baum bewohnt. Vehement und äußerst geschickt wehrt sich der Vogel gegen
jegliche Versuche des Rangers, den kleinen Baumbewohner aus seinem geliebten
Heim zu vertreiben.
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„Trick for Tree“ in der MORDILLO-Ausstellung, 2017 ©
LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen
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Sein großer Traum, Trickfilmzeichner für ein etabliertes
Unternehmen zu werden, ist in Erfüllung gegangen. Allerdings ist Mordillo
unzufrieden. Nach und nach bemerkt er einen Qualitätsunterschied zwischen Paramount
Pictures und den Walt Disney Studios. Er schaut sich nach anderen Projekten
um. Nur kurze Zeit später (1961), beginnt er wieder als Designer von Grußkarten
zu arbeiten. Diesmal beim New Yorker Unternehmen OZ Greetingcards. 1963
gestaltet er hier den Kalender "The OZ Working Girls of ´64". Es handelt sich
um 12 Zeichnungen von Frauen im Stile von Pin-Up-Girls. Erstmalig tauchen hier seine
weißen kugeligen Figuren auf – allerdings eher am Rande, mehr oder weniger als
kleine männliche Wesen, die den Reizen der emanzipierten Frauen ergeben sind.
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„The OZ Working Girls of ´64“ in der MORDILLO-Ausstellung,
2017 © LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen
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Als geborener Argentinier mit spanischer Abstammung zieht es
ihn zu seinen familiären Wurzeln nach Europa. Die englische Sprache beherrscht
er, sodass es für ihn naheliegend erscheint, England anzuvisieren. Doch wie es
der Zufall so will, landet er in Paris. Obwohl er der französischen Sprache
nicht mächtig ist, erhält er dank seines zeichnerischen Talents eine Anstellung
als Grußkartengestalter bei Mic-Max. Nach mehrjähriger erfolgreicher
Zusammenarbeit, weigert sich Mic-Max den Lohn entsprechend zu erhöhen.
Mordillo kündigt und wagt endgültig den Schritt in die Selbstständigkeit!
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Französische Grußkarten von „Mic-Max“ in der
MORDILLO-Ausstellung, 2017 © LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen
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Er konzentriert sich auf eigene Projekte und beginnt
Cartoons zu zeichnen, die gänzlich ohne Sprache auskommen. Am 31. Juli 1966
veröffentlich das französische Magazin Le Pelèrin eine dieser Zeichnungen. Der
internationale Durchbruch naht: So publiziert unter anderem auch das deutsche Magazin
Stern seine Arbeiten. 1970 erscheint dann in mehreren Ländern gleichzeitig
sein erstes Bilderbuch "Das Piratenschiff". Neben Verlagen und Magazinen wird
schließlich auch die Kunstwelt auf den Cartoonisten aufmerksam: 1974 werden
erstmalig einige seiner Zeichnungen in der Pariser Galerie La Galere
ausgestellt. Es bleibt nicht dabei. Ausstellungen im internationalen Raum, von
Moskau über Barcelona bis hin nach China, würdigen sein künstlerisches
Schaffen.
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Zeichnung für französisches Magazin „Le Pelèrin“ in der MORDILLO-Ausstellung, 2017 ©
LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen
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Zeichnung für deutsches Magazin „Stern“ in der MORDILLO-Ausstellung, 2017 ©
LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen
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Seit den 1970ern erscheinen die charakteristischen Mordillo-Figuren
in diversen Magazinen und Zeitungen, Geschenkartikeln sowie in Form von
Animationen für das Fernsehen. 2005 wird das PC-Spiel "Jungle Fever" auf den
Markt gebracht und 2010 das iPad-Spiel "Find them", welches seit 2013 auch als
App verfügbar ist. Neben zahlreichen Auszeichnungen, findet 1992 eine erste umfassende
Werkschau im Altonaer Museum in Hamburg statt. Zuletzt war es das
Karikaturmuseum Krems, welches 2015 sein künstlerisches Schaffen in besonderem
Maße würdigte. Nun ist es die LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen, die mit der
Ausstellung "MORDILLO – The Very Optimistic Pessimist" noch bis zum 7. Januar
2018 über 150 originale Zeichnungen zeigt.
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Trickfilmanimationen und PC-Spiel „Jungle Fever“ in der MORDILLO-Ausstellung,
2017 © LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen
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Mordillo feierte dieses Jahr seinen 85. Geburtstag. Bis zum
heutigen Tage bringt er in seinem Atelier in Monaco unentwegt neue Bilder
hervor. Neben seinen Einbildwitzen, Comicstrips, mehrteiligen Bildergeschichten
und Wimmelbildern, sind in der LUDWIGGALERIE außerdem eine Reihe seiner
amüsanten Trickfilm-Animationen zu sehen.
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Guillermo Mordillo am Eröffnungsabend der Ausstellung „The
Very Optimistic Pessimist“, 2017 © LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen
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Autorin: Natascha Kurek